Ethik und / oder Moral

Diese beiden Begriffe sind schwer zu unterscheiden.

Beides sind Fremdwörter unterschiedlichen Ursprungs:

Ethik > ethos, aus dem Griechischen beinhaltet in der Antike die Wissenschaft und Lehre der gesellschaftlichen Gewohnheiten, sowohl das Reflektieren über die Regeln der Gesellschaft als auch das Weitergeben derselben.

Moral > mos (gen. moris), aus dem Lateinischen, umfasst die gesellschaftlichen Gewohnheiten, die zur Regel werden und somit als gesellschaftliche Normen obligatorisch sind.

In der römischen Zeit ist mos die gesellschaftlische, obligatorische Konvention und das vom Griechischen übernommene ethica die Philosophie und Wissenschaft über die Konventionen.

Sind beide Begriffe in der heutigen Zeit austauschbar ?

Wohl nicht.

Und das soll dargelegt werden und dabei wird die Interaktion beider Begriffe in den Mittelpunkt stellen.

Der fondamentale Unterschied könnte zusammengefasst werden in den Worten,

Ethik ist das, was als gut einschätzt wird und Moral ist das, was als verpflichtend angesehen wird. Die Ethik beschäftigt sich mit dem, was zum Guten tendiert – was tut den Menschen im Zusammenleben gut tut – und die Moral  beinhaltet, was zu einer bestimmten Epoche als richtig und gut für die Gesellschaft definiert wurde.

Spinoza (1632-1677) betrachtet sowohl die Ethik als auch die Moral als das Wollen zum Guten und Gerechten, einerseits durch Vernunft, andererseits durch Gehorsam.

Die moderneren Betrachtungen definieren, dass die Moral dem Verhältnis von sich zu den anderen dient, die Ethik die Beziehung des Menschen zu sich selbst näher bestimmt.

Die Moral basiert auf der Idee einer Tendenz nach aussen et sie wird als allgemeingültig hingestellt. Mit der Ethik werden persönliche, selbstbezogene Werte verinnerlicht.

In den obigen Überlegungen wurde versucht die Verbindungen beider Begriffe darzustellen.

Die Weltgeschichte hat uns gezeigt, dass sich beide Begriffe auch krass gegenüberstehen können, dass es sogar wünschenswert ist, dass sie in Widerspruch zueinander Stellung beziehen. Bezug wird dabei natürlich genommen auf die totalitären Staaten, die eine ihnen eigene Interpretation von Allgemeingültigkeit haben, die den einen oder anderen Teil der Menschheit ausschliesst – also dessen Konventionen doch nicht allgemein, für alle gültig sind – und die ( nicht nur ) aus diesem Grund in Konflikt geraten mit den individuellen Konzepten von Gut und Böse.

Die dunklen Seiten der Weltgeschichte appellieren daran, dass es doch interessant, man sollte sogar sagen, notwendig wäre, sich ständig ein eigenes Bild über die vorgelegten Werte und Normen zu machen, immer wieder und dauernd mit der Frage gerüstet zu sein, “wozu ist es gut und was sagst du dazu ?”. Ja natürlich, andere befragen, aber vor allem sich selbst der Frage stellen.

Diese Frage wurde eines Tages Jesus vorgelegt, als er dabei war, wie eine Frau des Ehebruchs verurteilt wurde und das damalige, allgemein übliche Gesetz Tod durch Steinigung vorschrieb.

Johannesevangelium 8, 4b: “ Meister, diese Frau ist auf frischer Tat beim Ehebruch ergriffen worden. Moses hat uns im Gesetzt geboten, solche Frauen zu steinigen. Was sagst du dazu ?

…Als sie nun nicht aufhörten, ihn zu fragen, richtete er sich auf und sagte zu ihnen: Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie.”

Jesus stellt mit seiner Antwort die Moral “für alle” unter den Massstab eines jeden Einzelnen, unter den Vergleich mit den eigenen, persönlichen Werten.

( Von S.Coral überarbeitete Wiedergabe der Gedanken von Guy Labarraque )